Besuch einer Unterkunft für Flüchtlinge

aus der Dattelner-Morgenpost vom 26.09.2015

Von UWE WALLKÖTTERDATTELN. „We are hopeless people, but we are happy to see you.“ „Wir sind verzweifelte Menschen, aber wir freuen uns, Sie zu sehen.“ So begrüßt Sebastian Lawrence aus Sri Lanka die Mitglieder des Sozialausschusses, die sich die Unterkunft an der Wittener Straße anschauen. 55 Flüchtlinge sind hier untergebracht, davon sind 15 Kinder.

Die ehemalige Verwaltungsstelle Süd vor dem Ruhr-Zink-Gelände ist ziemlich heruntergekommen, die Einrichtung spartanisch. Die Kritik der Ausschussmitglieder folgt prompt. Farbe für die Wände, vielleicht etwas Deko, ein Bild an der Wand im Aufenthaltsraum – so lauten die ersten Vorschläge.

Ein paar Minuten später schildert Sebastian Lawrence in seinem Zimmer im ersten Stock seine Geschichte. Und schnell wird den Zuhörern klar, ein Bild an der Wand ist so ziemlich das letzte, womit sich der 52-Jährige aus Sri Lanka beschäftigt. Mit Tränen in den Augen erzählt er davon, dass sein Leben in Gefahr war. Bei seiner Flucht musste er seine Familie zurück lassen. Lawrence bekommt Psychopharmaka und Medikamente für sein Herz. Er selbst sagt, er habe noch 15 bis 20 Jahre zu leben. Und sein größter Wunsch sei es, endlich arbeiten zu können, um sich selbst zu versorgen und Geld zu verdienen, damit seine Familie nachkommen kann. Das Schlimmste sei, dass er verdammt sei, zu warten. Die Zeit läuft ihm davon.

Dezernent Dirk Franke weiß selbst, dass es bessere Unterkünfte gibt als die an der Wittener Straße. Bei der ersten Überprüfung habe die Stadt auch davon Abstand genommen. Doch der Unterbringungsdruck wird immer größer.

Deshalb habe die Stadt auch keine Kapazitäten, sich mit dem Thema Verschönerung von Unterkünften zu befassen, macht Dirk Franke klar. Er hofft, dass sich hier Ehrenamtliche engagieren. „Die Stadt schafft nur noch die Pflichtaufgaben – Unterbringung und Essensversorgung. Die Mannschaft ist gleich geblieben, aber wir müssen nun doppelt so viele Standorte betreuen.“

354 Flüchtlinge leben aktuell in Datteln, allein im September sind bislang 76 gekommen. „Und der September ist noch nicht vorbei“, sagt Ordnungsamtsleiter Gerhold Loske. Für Montag oder Dienstag seien neun weitere Personen angekündigt. Damit ist die aktuelle Reserve von 15 Plätzen so gut wie aufgebraucht. In vier bis sechs Wochen, so die derzeitige Planung, kann die Stadt ein größeres Gebäude mit 1  000 Quadratmetern anmieten. Man sei in guten Gesprächen mit dem Besitzer der Immobilie, so Loske. Aber die Zeit bis dahin müsse irgendwie überbrückt werden. Wie? Wir müssen verdichten, wo es etwas zu verdichten gibt“, sagt der Ordnungsamtschef. Und wenn es gar nicht anders gehe, müsse man auch über Turnhallen sprechen. Etwas Luft könnte es in der Unterbringungsproblematik geben, wenn es zu Abschiebungen von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsländern kommt – den sogenannten Balkan-Flüchtlingen. Das sind in Datteln derzeit 74 Personen. Erste Bescheide seien eingegangen, so Loske.

Langfristig, daran besteht für Gerhold Loske kein Zweifel, komme die Stadt um einen größeren Neubau einer Sammelunterkunft nicht herum. Im Haushalt für 2016 und 2017 stehen insgesamt 3,6 Mio. Euro Investitionsmittel für den Neubau von zwei Asylbewerberheimen. Die Politik ist gefordert, die heikle Standortfrage zu entscheiden.

Es wird Eng - Artikel zum Besuch eines Flüchtlingswohnheim in Datteln
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